Seit Jahren fahre ich auf meinen Urlauben nach Frankreich und England daran vorbei, gemeint ist die belgische Hauptstadt Brüssel. Mir war zwar bekannt, dass es dort ein Armeemuseum geben soll, aber mir war nicht klar, was mich dort erwarten würde. Kurz gesagt, das Ding ist riesig! Und es behandelt halt nicht nur die Geschichte der Belgischen Armee, sondern versteht sich eher als Museum der europäischen Militärgeschichte.
Das Museum, auch als Königliches Armeemuseum bezeichnet, befindet sich in den nördlichen Hallen des Museumskomplexes im Jubelpark im Osten der Stadt. Der Brüsseler Jubelpark erhielt seinen Namen nach dem 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Belgiens von den Niederlanden im Jahr 1880. Um dieses Datum gebührend zu feiern, plante König Leopold II. eine Weltausstellung mit repräsentativen Bauwerken. Dazu ließ er eigens einen 37 Hektar weiten Park auf einem einstigen Militärgelände erschaffen.
Flugzeughalle
Das Museum teilt sich in einige unterschiedliche Bereiche. Mein Rundgang begann in der 170 Meter langen Flugzeughalle. Gigantisch! Allein schon das über 100 Jahre alte und 40 Meter hohe Bauwerk ist sehenswert. Ich bin leider kein großer Experte von Militärflugzeugen, sicher ist aber, dass hier eine der spannendsten Ausstellungen zu diesem Thema zu sehen ist.
Faszinierend fand ich vor allem die Sammlung alter Maschinen aus dem 1. Weltkrieg, die ich auch schon teilweise in einem Museum in Neuseeland kennengelernt hatte. Zum Beispiel ein Dreidecker des belgischen Erfinders César Battaille aus dem Jahr 1911, der von einem französischen Piloten erprobt wurde. Oder das einzige erhaltene Original einer Nieuport 17 C1. Diese Maschine, sowie eine Hanriot-Dupont HD-1, eine Caudron G III und eine Voisin III standen alle einmal in belgischen Diensten. Die Sammlung wird aber tatsächlich noch weiter ausgebaut. Ich ging nämlich auch an einem Rumpf einer Halberstadt C V vorbei, die derzeit vor Ort restauriert wird. Sehr schön auch das Flugboot Schreck FBA Typ H. Außerdem sind aus dieser Epoche eine Farman MF XI, Sopwith 1 ½ Strutter, Sopwith Camel F1 und SPAD XIII C1 zu sehen.
Spannend war auch eine Sonderausstellung zum Thema Ballons, die außerdem eine Gondel des Zeppelins L-30 zeigte.
Aber natürlich waren auch alle anderen Epochen gut vertreten, wie z.B. mit einer deutschen JU-52, ein schwedischer Draken, eine C-119 Flying Boxcar, eine Mi-24 Hind der Nationalen Volksarmee neben einer belgischen F-16, einer finnischen F-86 Sabr“ und ein MiG-23. Absolut sehenswert! …und das war nur der Anfang.
In einem Seitenflügel der großen Halle ist außerdem eine Ausstellung zur Royal Navy untergebracht. König Leopold I. gründete die Royal Navy 1831, diese wurde allerdings schon 1862 aus Geldmangel wieder aufgegeben. Erst seit 1946 entstand dann die heutige Belgische Navy.
Belgische Armee
Die Ausstellung zur Geschichte der Belgischen Armee beginnt im benachbarten Hauptgebäude mit der sogenannten „Dutch Gallery“. Hier wird die Zeit von der Schlacht bei Waterloo im Jahr 1815 bis 1830 erzählt, in die heutige Niederlande und Belgien zusammen das Vereinigtes Königreich der Niederlande bildeten.
Der nächste Abschnitt, die „Historic Gallery”, zeigt Ausstellungsstücke der belgischen Armee von 1831 bis 1914. Die südlichen Niederlande riefen nämlich bereits 1830 ihre Unabhängigkeit aus und trugen ab da den Namen Belgien. Dieser Teil des Museums ist einer der ältesten und noch im Stil der Jahrhundertwende eingerichtet. Aus heutiger Sicht wirken die Waffen, die zu grafischen Mustern an den Wänden zusammengestellt wurden, etwas antiquiert, aber nicht ohne einen gewissen Charme. Dies hängt übrigens damit zusammen, dass es früher üblich war, alle Exponate des Museums in den Ausstellungsräumen zu zeigen. Lagerräume, wie in heutigen modernen Museen, gab es also noch nicht. In den vielen Vitrinen dieser Ausstellungshalle liegen 8.000 Objekte, die hinter den alten Glasscheiben teilweise extrem schwer zu erkennen sind.
Ein Großteil der Exponate stammt aus den Kolonien, die im 19. Jahrhundert den größten Teil der militärischen Einsatzgebiete Belgiens darstellten. So geht es von Italien über Mexiko nach Afrika und China. Interessant für mich waren vor allem der belgische Kongo und der Konflikt mit dem benachbarten Sudan, in dem der Mahdi-Aufstand wütete. Allein die Exponate dieser Ausstellung sind schon ein eigner Bericht und aus diesem Grund werde ich sie noch einmal separat besprechen.
1. Weltkrieg
Der zweitgrößte Raum des Museumskomplexes ist dem Ersten Weltkrieg gewidmet und zeigt vor allem eine Vielzahl an Geschützen. Daneben sind Uniformen nahezu aller Teilnehmerstaaten in einzelnen Vitrinen ausgestellt. Diese Ausstellung zum 1. Weltkrieg ist weltweit die größte ihrer Art. Hier werden auch einmal Uniformen und Waffen sehr exotischer Armeen, wie von Siam und Tschechien gezeigt.
Nebenan liegt die „Russian Gallery“, einen Sammlung von Objekten russischer Offiziere, die nach dem Zerfall des Zarenreiches aus Russland geflohen waren.
2. Weltkrieg
Die „Bordiau Gallery”, untergebracht in einem relativ modernem Gebäudeteil des Museums, war bei meinem Besuch gerade im Umbau. Zugänglich war aber zumindest die neue Ausstellung zum 2. Weltkrieg. Der Abschnitt, der die letzten Monate zum 1. Weltkrieg und die Zeit zwischen den beiden großen Kriegen dokumentieren soll, wird gerade komplett neu gestaltet.
Napoleonische Kriege
Ungewöhnlich und interessant ist der Museums-Bereich, der „The Arcades“ genannt wird. Er liegt unter dem Dach des Triumph-Tores des Jubel-Parks, der nur über eine sehr lange, schmale Wendeltreppe oder einen Fahrstuhl erreicht werden kann. Hier ist die Sammlung der Bankiers Georges Titeca und Count Robert de Ribaucourt untergebracht, die aus Kopfbedeckungen, Klingen- und Feuerwaffen aus dem 18. und 19. Jahrhundert besteht. Hier sind einige schöne Seltenheiten zu entdecken. Toll auch die Titeca Sammlung der Napoleonischen Kriege und des Second Empire, allen voran die wunderschönen Musikinstrumenten der französischen Garde.
Von dort aus erreicht man auch die 65 Meter hohe Plattform auf dem Triumphbogen, von der aus man einen herrlichen Blick über den Park und die Stadt hat.
Waffen und Rüstungen
Die Sammlung der Rüstungen, die vom Hochmittelalter bis ins 18. Jahrhundert reicht, wurde während meines Aufenthaltes ebenfalls umgebaut. Eine große Vitrine war allerdings schon fertiggestellt und ließ schon ahnen, was hier einmal entstehen wird.
Der letzte Abschnitt des Museums, durch den ich aus Zeitgründen schon etwas hetzen musste, beinhaltet die enorme Waffensammlung des Museums.
Von diesem Raum gelang man auch in den großen Museums-Shop, der eine riesige Auswahl an Büchern und Modellen bereithält.
Panzer
Die Panzer-Sammlung des Museums, in einem offenen Innenhof des Museums gelegen, machte einen recht traurigen Eindruck. Ein Großteil der Exponate ist derzeit in Brasschaat (bei Antwerpen) und im Museum von Bastogne zu sehen. Der Komplex wird allerdings ebenfalls renoviert und soll in den nächsten Jahren neu gestaltet werden.
Fazit
Ein sehr vielseitiges Militärmuseum, das man sicher aufgrund der vielen kommenden Neugestaltungen immer mal wieder besuchen kann. Ich komme auf jeden Fall wieder.
